Wie wir uns in Wahrheit Stress machen

6 Thesen, wie wir uns Stress machen
 Viele Menschen fühlen sich aufgrund der ungewohnten Pandemie-Situation gestresst. Und scheinbar sind es die äußeren Faktoren, die Schuld daran sind.
Aber Stress entsteht in erster Linie durch unsere stressigen Gedanken und Glaubenssätzen: "Ich muss es schaffen! Ich hab soviel zu tun! Ich muss mich beeilen! Ich darf keine Fehler machen! Was sollen die anderen denken..?!" etc.

Vor allem diese Gedanken machen uns Druck und geben uns das Gefühl, mit der (ungewohnten) Situation nicht fertig zu werden. Die Folgen sind Anspannung, Schlaf-losigkeit, Gereiztheit, Unruhe, Streit - und Fehler!


Hier kommen 6 Thesen,  wie wir uns Stress machen:

1. Stress entsteht, wenn uns die Prioritäten nicht klar sind


Stress entsteht aus der Überzeugung, alles gleichzeitig schaffen zu müssen, nichts steuern oder ablehnen zu können und sich dann zu verzetteln. Hinzu kommt dann auch noch Zeitdruck, weil wir eben zu viel auf einmal machen...
Eines der effektivsten Zeit-Management-Instrumente ist das Wort "Nein". Auch zu sich selbst, wenn Sie dazu neigen, sich zu verzetteln. Und dann zu unterscheiden, was ist dringend und was ist wichtig? „Dringendes ist immer laut und steht in der Tür“, sagte mal ein Ausbilder zu mir, „...ist aber meistens nicht wichtig."

Und Wichtiges wird dafür meistens hintangestellt, denn nur selten sind die Dinge beides, wichtig und dringend.
Wer keine klaren Prioritäten setzt, wird Sklave des Dringenden und damit meistens Sklave der anderen. Wer keine eigenen Ziele hat, arbeitet für die Ziele der anderen…
Überlegen Sie sich also, welche eine Sache Sie heute wirklich erledigen müssen und welche 5 anderen Dinge danach kommen. Das gibt Ihnen die Klarheit, zu anderen im entscheidenden Moment auch mal "nein" zu sagen, und Ihre eigene Agenda zu verfolgen.


2. Stress ist Angst vor der Arbeit

Stress entsteht, wenn wir glauben, einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Stress ist angst davor, die Arbeit nicht zu schaffen – weil man nicht weiß wie. Und weil man nur noch selten das Gefühl hat, seinen Arbeitsalltag im Griff zu haben. Wir geben uns selbst die Schuld und halten uns vielleicht für unfähig. Aber häufig sind fehlende Strukturen, Routinen und Prozesse der Grund für Überlastung und Ineffizienz, egal wie hart der einzelne arbeitet. Aber weil man sein Ziel nicht erreichen kann, läuft man noch leichter Gefahr, ständig der Möhre „Anerkennung“ hinter her zu laufen in der Überzeugung, „Wenn ich nur das noch schaffe, dann endlich habe ich bewiesen, dass ich gut genug bin“. Der Tag kommt allerdings selten.
Viel häufiger kippen die fleißigen Bienen am Ende einfach um und gehen klanglos in den Burnout. Nix erster Preis gewonnen! Die Angst vor der Arbeit ist eigentlich die Angst vor dem Versagen.

3.    Stress entsteht, wenn wir uns als Opfer der Umstände fühlen

Mit der (unbewussten) Überzeugung alles schaffen zu müssen, uns den Anforderungen der anderen beugen zu müssen, fühlen wir uns natürlich auch schnell als Opfer der Umstände. Und dann geben wir den Umständen bzw. den anderen die Schuld, anstatt uns an unsere eigene Nase zu packen und unser Verhalten und Denken zu hinterfragen. Der Chef ist zu anspruchsvoll, die Kollegen zu faul, und wir müssen es ausbaden. Ist das wirklich so? Oder haben wir nur Angst, uns selbst zu behaupten? Für wen strampeln wir uns wirklich ab? Den Chef, die Firma? Für unsere heimliche Sucht nach Anerkennung – das kleine Kind in uns, das sich nach Anerkennung vom Vater oder der Mutter sehnt? Dafür, dass endlich einmal jemand zu uns sagt: „Das hast Du gut gemacht! Ich bin stolz auch dich!?“
Ja, genau dafür hängen wir uns meistens rein… und behaupten, „Ich kann nicht anders, ich habe eben hohe Ansprüche an mich“! Bullshit!  Das zeigt nur welch geringen Wert wir uns selbst beimessen, wenn wir uns so gnadenlos überfordern.

4.    Stress entsteht, wenn wir versuchen, es anderen recht zu machen

Viele sind mit einem „Mach-es allen Recht“- Antreiber gesegnet, der sie immer hilfsbereit und angepasst sein lässt, weil sie niemandem auf die Füße treten wollen. Das Bedürfnis nach Harmonie lässt sie beim kleinsten Konflikt die Flucht ergreifen. Sie stimmen ihr Verhalten daher immer auf andere ab und treffen keine Entscheidungen ohne den Konsens der anderen zu suchen. Selbstbehauptung sieht anders aus!
Besser wäre es, zu lernen, ohne Angst auch mal „nein“ zu sagen. Wer damit zu sparsam umgeht, wird immer mehr Aufgaben aufgehalst bekommen. Denn ein Nein zu den Anforderungen der anderen ist ein Ja zu den eigenen Bedürfnissen!
Fragen Sie sich regelmäßig: Will ich das wirklich tun? Könnte das auch jemand anderes übernehmen? Würde ein Nein mir helfen und mich vielleicht langfristig entspannter machen?

Abgesehen davon erhalten Sie nur Respekt, wenn Sie sich auch abgrenzen können und nicht nur bereitwilliger Ja-Sager sind.

5.    Stress ist eine Angstreaktion auf die ständigen Veränderungen des Lebens

Wandel ist die einzige Konstante im Leben. Soweit, so klar. Dennoch mögen wir diesen Veränderungen, Herausforderungen und damit einhergehenden Verunsicherungen nicht.

Anstatt einfach nur seinen Job machen zu können, muss man sich ständig mit neuen Tools, neuen Ansprechpartnern, neuen Prozessen herumschlagen und wenn man diese nach einem Jahr endlich beherrscht, geht das Karussell wieder in die andere Richtung. Das klingt nicht nur frustrierend… es ist es auch. Und in Zeiten von permanenten „Change-Projekten“ in den Firmen wird unsere Belastbarkeit mit den zusätzlich aufoktroyierten Veränderungen durch Krisen und Jobverlusten schnell überstrapaziert. Angst vor der Zukunft ist neben der gefühlten Sinnlosigkeit dann ein großer Stressfaktor.
Wir befinden uns gerade in einer Umbruchzeit – und Umbrüche zwingen zur Besinnung. Firmen die hier mehr Weitsicht beweisen und ein dynamisches Gleichgewicht halten, werden in Zukunft die stärkere Mannschaft haben. Gerade jetzt in der Corona Krise zeigt sich, wie robust die Strukturen im Unternehmen sind und wer flexibel reagieren kann.


6.    Stress ist Widerstand gegen das Leben

Stress entsteht ganz allgemein, wenn wir mit den Geschehnissen im Leben nicht einverstanden sind und uns widersetzen. Zum Beispiel finden viele die Maßnahmen in der jetzigen Pandemie übertrieben und sind dagegen.
Unser „Nein“ zu den Ereignissen im Außen spiegelt jedoch nur unsere Angst wider, etwas zu verlieren oder nicht zu bekommen. Unser innerer Widerstand gegen das Geschehene beeinflusst die Realität in keinster Weise – weil es schon geschehen ist, aber er stresst uns, weil wir uns sagen: "Es sollte anders sein“.
Es sind letztlich nicht die Ereignisse an sich, die Probleme verursachen. Sondern unsere vorgefasste Meinung, wie die Dinge (die Anderen) zu sein haben, die den Stress verursacht.

Die gewünschte Veränderung muss aber immer zuerst in unseren Köpfen stattfinden. Das bedeutet, uns muss bewusst werden, wie wir uns selber Druck machen, unfair sind und andere verurteilen.

Wenn wir lernen könnten die Dinge erstmal anzunehmen, würden wir einen klaren Kopf behalten können, um Lösungen zu finden. Mit dem Leben zu fließen birgt nämlich die Möglichkeit, die Richtung positiv zu beeinflussen. Ein "Nein" aus Angst stresst, weil wir versuchen, unsere Vorstellungen mit aller Gewalt aufrechtzuerhalten – auch gegen die Realität. Wer die Stärke besitzt, seine Vorstellungen loszulassen, kann hingegen ruhig bleiben und dann im richtigen Moment handeln.

 

Meine Empfehlung:

Machen Sie jetzt einen gründlichen Zwischen-Check Ihres Lebens und beantworten Sie sich in Ruhe, am besten schriftlich, folgende Fragen:

  • Welche Dinge, die ich oft im Alltag tue und glaube tun zu müssen, mache ich ‚eigentlich’ nicht gerne und mit Freude?

  • Womit (mit welchen Gedanken und Überzeugungen) mache ich mir selber Druck?
  • Was wäre, wenn ich sagen würde: "ich will", anstatt: "ich muss"? Wozu könnte ich dann leichter "Nein" sagen?
  • In welchem meiner Lebensbereiche fühlt es sich nicht (mehr) stimmig und ‚rund’ an? In welchem dieser Bereiche empfinde ich keine Freude mehr? (Partner, Job, Freunde, etc.) - was könnte ich ändern?
  • Wie oft nehme ich mir Zeit und Ruhe für die Begegnung mit mir alleine, gehe ich nach innen und kümmere mich bewusst um meine Gefühle, meine Gedanken und um die Impulse meines Herzens?
  • Was alles liebe ich an mir selbst (nicht)?
  •  Wie zufrieden oder unzufrieden bin ich mit meinem bisher gelebten Leben?

Dies sind einige der wichtigsten Fragen, die wir uns von Zeit zu Zeit beantworten dürfen, damit wir gelegentlich

den „Re-Set“-Knopf drücken und uns neu justieren und ausrichten auf ein Leben des Herzens, ein Leben in Bewusstheit und Klarheit und aufhören, soviel Stress in unserem Leben zu leben.

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Kommentare: 2
  • #1

    Susanne (Sonntag, 14 Juni 2020 14:32)

    Vielen Dank, liebe Anja, Du bringst es mal wieder auf den Punkt. Vielen Dank dafür! Habe mir dieses Wochenende Zeit genommen für die Begegnung mit mir und es war wunderbar. Ich muss nämlich gar nichts aber ich will vieles und ich mache nur das, was ich auch gern mache (meistens jedenfalls) ;-) LG

  • #2

    Anja (Freitag, 26 Juni 2020 16:38)

    Tu was Du liebst! - Die perfekte Strategie ;-)
    Danke Susanne!