Managen Sie noch oder führen Sie schon?

"Die Aufgabe einer Führungskraft ist es, die Mitarbeiter zu unterstützen, nicht umgekehrt, und das beginnt damit, dass sie zu ihnen gehört."

Bill Hewlett and David Packard,
„The HP Way“, 1996

 

 

Alle schreiben über Corona. Ich diesmal nicht - zumindest nicht direkt.


Vielmehr möchte ich hier über eine Wirkung, eine ganz besondere Herausforderung dieser Krise schreiben:

 

 

Einerseits treibt Corona die Modernisierung der Arbeitswelt voran, andererseits scheint das Bedürfnis nach Sicherheit hierarchische Führungsstile wieder zu begünstigen...

 

Was für einen Führungsstil braucht es also - nicht nur in der Krise?

Braucht es autoritäres Auftreten? Heldentum? Superwoman? Oder muss eine Krise im Wesentlichen nur „gemanaged“ werden? Und was ist mit demokratischen Prinzipien?

In China konnten wir beobachten, mit welcher Konsequenz ein autoritäres Regime Maßnahmen gegen Corona durchgesetzt hat. Das schaffte Sicherheit. Und liess zweifeln ob das auch in einem demokratischen System oder mit einem partizipativen Führungsstil so gut gelingen kann.

 

Das bringt mich zu dem Unterschied zwischen Managen und Führen:

 

1. Managen bedeutet: Befehlen, ordnen, steuern, und nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu verwalten. Alles prima Fähigkeiten... . Doch nur etwas durchzusetzen und "zu managen" reicht heutzutage nicht mehr aus. Denn managen basiert auf einem veralteten, hierarchischen System der militärischen Führung. Es besteht vor allem darin, Menschen und Maschinen zu kontrollieren und den eigenen Status (Quo) zu festigen. Es hat wenig mit "People Business" zu tun.

 

2. Führen heißt dagegen: Zuhören, Beziehungen aufbauen, Vorbild sein und Neues wagen.

 

Vorbild sein heißt in dieser Krise vor allem für Klarheit zu sorgen und Eigeninitiative zu fördern, d.h. den Rahmen abzustecken, in denen die Menschen selbstverantwortlich handeln können. Das konnte man meines Erachtens auch gut beim Krisenmanagement in demokratischen Strukturen erleben. Führung, die eine klare Richtung vorgibt, aber gleichzeitig auch Handlungsspielraum lässt. Strikt aber auch empathisch. Es hat etwas damit zu tun, das Wohl aller im Blick zu haben und so zu überzeugen.

 

Im April diesen Jahres ging eine Fotomontage um die Welt. Sie zeigte die Gesichter der sieben Staats- und Regierungsoberhäupter, die ihre Länder am besten durch die Krise manövrierten und am souveränsten Führung demonstrierten. Die Länder hießen Taiwan, Neuseeland, Island, Finnland, Norwegen, Dänemark, Deutschland – und die Gesichter waren allesamt weiblich.

Während Staatsoberhäupter wie Trump, Putin, Johnson oder Bolsonaro sich vor allem damit hervortaten, die Pandemie zu leugnen, widersprüchliche Entscheidungen zu treffen, Verwirrung zu stiften, die Schuld bei den anderen zu suchen und die Pressefreiheit einzuschränken.

Ohne hier näher auf die Geschlechterfrage einzugehen - was diese Regierungschefinnen in jedem Fall unter Beweis stellten, ist, wie eine gelungene Reaktion auf eine Pandemie aussehen kann. Und dabei kam es auf Folgendes an:

  • Entschlossenheit
  • Glaubwürdigkeit
  • Kooperation
  • Transparenz

Das ruhige und eindringliche Auftreten der Politikerinnen hatte jedenfalls Vorbildcharakter.

 

„Die Kernkompetenz von Führung ist Charakter!“

Warren Bennis

Coaching hilft dabei, die eigene Kraft und Stärke zu entdecken und dementsprechend auch Führungsideen zu lehren, die auf Ermächtigung und Sinnhaftigkeit für den Einzelnen abstellen.

Es geht darum, Denkmuster und Verhaltensweisen zu hinterfragen und neue Möglichkeiten für sich selbst zu entdecken. In der Tat bringt Coaching jemanden ziemlich schnell an den Punkt der Eigenverantwortung und löst damit in der Regel eine Persönlichkeitsentwicklung aus...

Denn Führen beginnt immer bei einem selbst. Kümmern auch. Und wer sich nicht selbst fühlen kann, kann auch nicht bei anderen „mit-fühlend“ sein. Wer sich selbst nicht mag, hat auch Probleme andere anzuerkennen.

 

Die Haltung zu sich selbst, spiegelt sich in der Haltung zu anderen.

 

Wenn ich im Coaching über Führung spreche, dann geht es häufig darum, eine Partnerschaft und eine Vision mit den Mitarbeitern aufzubauen. Es geht darum, „Vereinbarungen“ mit den Mitarbeitern zu treffen (Leadership). Das ist etwas ganz anderes als „Erwartungen“ zu haben (managen).

Manche meiner Kunden befürchten, das hieße, in Zukunft weich und schwach aufzutreten.

Im Gegenteil. Es heißt, sich zunächst mit seinen eigenen Schwächen auseinander gesetzt zu haben, um dann freier und souveräner agieren zu können. Souveränität ist meines Erachtens ein Statussymbol!

 

Wenn Manager lernen, ihre Mitarbeiter als gleichwertige Menschen zu sehen, mit denen sie Vereinbarungen treffen, um etwas gemeinsam zu erschaffen (partizipativ), dann generieren sie eine ganz andere Kultur, als jene, die mit ihren Erwartungen Druck ausüben und sich ständig darüber beklagen, von ihren Mitarbeitern wieder mal enttäuscht worden zu sein. Denn formale Anweisungen lassen sich auch nur in dem Maße durchsetzen, wie sie akzeptiert werden - ansonsten gibt es "Dienst nach Vorschrift" oder andere Methoden der Unterwanderung.
Mit anderen Worten: Ein Anführer zu sein bedeutet, auch Gefolgschaft zu haben.

 

Wie John Maxwell schon in seinem Buch „Leadership“ schrieb:

"Wenn Sie denken, Sie führen, aber niemand folgt Ihnen, dann machen Sie nur einen Spaziergang!"

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Harald (Dienstag, 24 November 2020 13:22)

    Hallo Anja,

    das ist einer schöner, klarer Newsletter. Zwei Sätze haben mir besonders gut gefallen:
    1 "Die Haltung zu sich selbst, spiegelt sich in der Haltung zu anderen."
    2 "Ein Anführer zu sein bedeutet, auch Gefolgschaft zu haben."

    Herzliche Grüße

    Harald

  • #2

    Anja (Mittwoch, 25 November 2020 14:04)

    Danke für Dein feedback Harald! :-)

  • #3

    Susanne (Samstag, 28 November 2020 16:00)

    Liebe Anja,

    sehr schön geschrieben, so wahr! Es bringt es viel mehr Erfolg und Freude, auf diese Weise zu arbeiten!

    Liebe Grüße
    Susanne

  • #4

    Anja (Sonntag, 29 November 2020 11:37)

    Danke Susanne! Ja, bei dem Artikel habe ich auch an Dich gedacht... ;-)
    "Gemeinsam statt einsam" wäre vielleicht ein gutes Schlagwort für dieses Verständnis von Führung