Führungskräfte brauchen mehr Freizeit! - oder die Kunst des Delegierens Teil 1

Ein typisches Szenario: Die Arbeit stapelt sich auf dem Schreibtisch, Ihr E-Mail-Account quillt über und Ihre To-Do-Listen verlangen nach 48-Stunden-Tagen.

 

Da bleibt eigentlich nur eines: Abgeben. Delegieren.

 

Doch so einfach das klingt, so schwer fällt es vielen Führungskräften.

 

Sie scheinen sich an ihre Arbeit regelrecht zu klammern

und begehen damit einen der vielleicht größten

3-fach-Fehler, den eine Führungskraft begehen kann:

1)  Sie investieren Zeit in Arbeit, die andere günstiger (und oft besser) erledigen können.


2)  Das bremst die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter, die an diesen Aufgaben wachsen könnten.


3)  Und das Schlimmste: Beides zusammen bremst Ihre Abteilung oder gar Ihre Firma, weil Sie sich an Sachaufgaben klammern und dadurch zum „bottle-neck“ für wichtigere Entscheidungen und Entwicklungen werden.

 

Anstatt also auf der Stelle zu treten, weil viel zuviel zu tun ist, sollten Sie sich Freiraum schaffen.

Überspitzt formuliert gilt: Eine gute Führungskraft braucht „Freizeit“ und sollte „arbeitslos“ sein – wenigstens für eine Stunde am Tag, damit sie freie Zeit für einen freien Kopf hat.

 

Im Alltag ist es aber genau umgekehrt: Da jagt eine Aufgabe, eine Herausforderung die nächste – und das 8, 10, 12 oder gar 14 Stunden hintereinander.

Dazu zwei Fragen: 1. Warum ist das so? und 2. Wie lässt sich das ändern?

 

Die Antwort auf die erste Frage ist nach meiner Erfahrung klar: Die Aufgaben-Flut ist zu einem guten Teil von der Führungskraft selbst gemacht. Und damit beantwortet sich auch die zweite Frage: Ja, die Arbeitsflut lässt sich eindämmen, genauer gesagt umlenken und zwar auf die Mitarbeiter.

 

Hier nun die 10 wichtigsten Gründe, warum Führungskräfte ungern delegieren:

 

1. „Die oder der kann das nicht.“

Ein beliebtes Argument ist die vermeintlich fehlende Kompetenz der Mitarbeiter oder der Mitarbeiterinnen. „Die oder der kann das nicht.“ heißt es dann in meinen Coachings.

„Was erwarten Sie?“ frage ich zurück. „Radfahren kann man auch nicht beim ersten Mal. Das braucht Zeit. Können und wollen Sie Ihrem Mitarbeiter die Zeit geben, die neue Aufgabe zu lernen?“ Diese Frage muss jede Führungskraft für sich und in Hinblick auf die Aufgabe beantworten. Es mag gute Gründe geben, eine Aufgabe nicht zu delegieren, trotzdem sollte man sich auch vor Augen führen, dass Menschen mit ihren Aufgaben wachsen können.

Hier lohnt sich die Überlegung, wie man andere befähigen kann, damit sie allmählich mehr Verantwortung übernehmen können.

 

2. „Mein Team hat keine Kapazitäten mehr.“

 „Meine Abteilung ist auf Kante genäht. Wir sind komplett ausgelastet. Da kann ich nichts delegieren“ sagte mir ein Abteilungsleiter im Brustton der Überzeugung. „Sie kennen Ihr Team.“ habe ich geantwortet. „Sie wissen, ob das stimmt oder nur vorgeschoben ist.“ Wenn es stimmt, dann sollten Sie über eine zusätzliche Stelle nachdenken oder darüber, welche Aufgaben Sie aus Ihrer Abteilung auslagern oder umverteilen können. Erarbeiten Sie gemeinsam Prioritäten:

Welche Aufgabe ist wirklich wichtig fürs Unternehmen? Oder fällt es vielleicht gar nicht auf, wenn sie wegfällt? Meist können Zuständigkeiten so umverteilt oder an externe Partner abgegeben werden, dass Freiräume entstehen. Dafür müssten aber alle Beteiligten einmal im „Hamsterrad“ innehalten, um nachzudenken.

 

3. Angst haben, sich überflüssig zu machen.

Die Angst, nicht mehr gebraucht zu werden, ist eine Urangst des Menschen. Was bleibt, wenn der Mitarbeiter die Aufgabe übernimmt? Warum sitze ich dann auf dem Chefsessel? Wofür braucht mich das Unternehmen dann noch? Was bin ich wert?

Hier beginnt für einige Führungskräfte eine Problemzone, die sie gern umgehen. Denn die Antworten auf diese Fragen berühren die Persönlichkeit und brauchen Mut, Selbstvertrauen und Realitätsinn (und das eine oder andere kluge Coaching-Gespräch.)

 

Auch wenn es schwer fällt: Führen bedeutet nicht, möglichst viel selbst zu tun, sondern die Kompetenzen des gesamten Teams optimal auszuschöpfen und die Produktivität zu erhöhen.

 

4. Das Superhelden-Syndrom

Obwohl Sie es nie offen zugeben würden: Insgeheim haben Sie das Gefühl, die einzige Person zu sein, die bestimmte Aufgaben richtig erledigen kann. Andere mögen zwar helfen können, aber letztendlich sind Sie der oder diejenige, der die hohe Qualität der Arbeit sicherstellt.

Wenn Sie das mal laut aussprechen würden, merken Sie vielleicht, dass das seltsam klingt, oder?

 

Tipp: Überlegen Sie, was Sie noch Wichtigeres erledigen, Größeres schaffen könnten, wenn Sie einen Teil delegieren würden.

 

5. Die Lehrlingsfalle: Der Aufwand ist zu groß

„Bevor ich jemanden stundenlang einweise, mache ich es doch lieber gleich selbst.“ So oder so ähnlich rechtfertigen viele Führungskräfte, dass ein Großteil der Aufgaben auf ihrem Tisch bleibt. Sie haben das Gefühl, dass der Aufwand zum Erklären und späteren Kontrollieren, viel zu groß ist. In der Zeit können Sie die Aufgabe auch gleich selbst erledigen, oder?

„Willkommen in der Lehrlingsfalle.“ sage ich dann und füge hinzu. „Sie haben recht, kurzfristig ist der Zeitaufwand etwas beizubringen immer größer, als es selbst zu machen. Wenn Sie aber dem Lehrling nichts beibringen, wird er Ihnen nie wirklich helfen können.“

Denken Sie in die Zukunft und investieren Sie kurzfristig etwas Zeit, damit Sie langfristig viel Zeit sparen.

 

Welche Gründe es noch gibt und wie Sie damit umgehen können, erfahren Sie in Teil 2.

 

 

Bis dahin beherzigen Sie folgenden Tipp:


Eigentlich passt es ja nie, sich mit dem Thema Delegieren zu beschäftigen.

Am besten fangen Sie daher einfach ganz pragmatisch mit einer überschaubaren Aufgabe an.
Und wenn Sie viele Routineaufgaben haben, dann fragen Sie sich jeden Morgen:

„Was habe ich heute zum Letzten mal gemacht?“  Da kommen Sie auf Ideen….